Sehr geehrte Mitglieder des Hauptausschusses, der Fraktionen und sonst Involvierte,
in den vergangenen zwei Wochen war das Gemeinschaftsprojekt Hermannswerder verstärkt in den Medien, diesmal zum Großteil auf Initiative anderer Menschen. Wir freuen uns über das rege Interesse und den öffentlichen Zuspruch, den wir von Einzelnen und von VertreterInnen Potsdamer Organisationen erhalten. Zu einem Sachverhalt möchten wir uns an dieser Stelle noch ergänzend äußern:
Am Dienstag, 11.10. 2011 erfuhren wir, dass die Stadtverwaltung PressevertreterInnen zu einem Hintergrundgespräch eingeladen hatte. Inhalt des Gesprächs war der Stand der Verhandlungen zwischen der Stadt(verwaltung) und dem Gemeinschaftsprojekt WagenHausBurg Hermannswerder. Für uns überraschend, denn Herr Klipp in seiner Funktion als Baubeigeordneter hatte uns Anfang des Jahres um Stillschweigen gegenüber der Presse während der laufenden Verhandlungen gebeten. Diese Vereinbarung scheint nun außer Kraft gesetzt zu sein. Zwei Tage später konnten wir in den PNN und der MAZ nachlesen, wie sich die Bauaufsicht und zwei weitere Bereiche der Stadt Potsdam insbesondere zum von uns eingereichten Konzept geäußert haben. Wir haben von der – so in den Artikeln dargestellt – abschlägigen Entscheidung leider weder persönlich von unseren Gesprächs“partnerInnen“ noch in schriftlicher Form, sondern nur durch die Presse erfahren. Fakt ist, dass wir nach inzwischen drei Jahren Verhandlung kaum einen Schritt weiter
gekommen sind. Auch dies bekam Herr Klipp als Reaktion auf seine Darlegungen von politischer Seite in der Hauptausschusssitzung am 12.10.2011 klar zu hören. Für weitere Verhandlungen erwarten wir nun andere VertreterInnen der Stadtverwaltung als Herrn Klipp. Für uns zeigt sich mit der nach wie vor nicht erfolgten Prüfung der langfristigen Nutzung und durch seinen Alleingang mit der Presse, die zudem einige offensichtlich falsche Informationen einer breiten Öffentlichkeit weitergibt, dass wir als Gesprächspartner/innen nicht ernst genommen werden. Nachfolgend finden Sie einige Fakten zur Übersicht, damit die „Informationen“ der Zeitungsartikel nicht unkommentiert bleiben und alle Beteiligten einen ähnlichen Sachstand haben.
- Das Angebot der Verwaltung – ein auf 5 Jahre befristeter Miet- bzw. Pachtvertrag missachtet die Realitiäten und finanziellen Verpflichtungen vor Ort.
- Auftrag des Hauptausschusses vor dem Sommer war es, Möglichkeiten der langfristigen Nutzung zu prüfen. Während der Sitzung am 12.10.2011 wurde der Verwaltung bescheinigt, dass sie diesen Auftrag nur ungenügend erledigt habe.
- Wir haben sowohl der Stadtverwaltung als auch den Fraktionen der Stadt Potsdam im Juni 2011 ein umfangreiches Konzept zur weiteren Nutzung des Areals zur Verfügung gestellt. Dieses wurde mit verschiedenen Fraktionen diskutiert und wird nun mit vertiefenden Zahlen versehen. Dieses Konzept bildet für uns die Verhandlungsgrundlage.
- In den bereits erwähnten Artikeln der PNN und der MAZ ist von 6 Mio. Euro Einnahmen die Rede, die der Stadt in den nächsten fünf Jahren durch uns entgehen würden.
1. Diese Summe ist vollkommen hypothetisch und willkürlich hoch angesetzt. Das von uns legal gemietete Areal ist höchstens mit einem Bruchteil dessen zu beziffern, wenn es einen Marktwert hätte. Dies wurde uns auf Nachfrage unseres Anwaltes auch von Herr Klipp bestätigt. Diese Summe kam ins Spiel bei Überlegungen, die weitaus mehr städtische Flächen auf Hermannswerder einbeziehen würden. Damit wird nicht nur der Erhalt der WagenHausburg in Frage gestellt, soziale Projekte der Nachbarschaft sind dadurch
ebenfalls in ihrer Existenz bedroht.
2. Derzeit weist der Flächennutzungsplan Potsdam einen Großteil des Geländes als Grünfläche aus. Bei diesen Flächen vom Verkaufs- wert von Baugrundstücken auszugehen widerspricht dem aktuellen Planungsrecht. Einnahmen aus einem Verkauf/einer Vermietung in geschilderter Höhe sind somit in den nächsten Jahren gar nicht umzusetzen und bedürften einer Flächennutzungsplanänderung. Das geltende Planungsrecht war ein großer Faktor in den Verhandlungen, eine Änderung zum Erhalt des Projektes in jetziger Form wurde seitens der Bauverwaltung stets kategorisch abgelehnt.
3. Die auf verkürzte Vergleiche und Sozialneid zielende Rhetorik in der aktuellen Debatte lehnen wir entschieden ab. Noch nie hat sich eine Stadt durch einmalige Grundstücksverkäufe langfristig von ihren Schulden befreit und wir blockieren auch nicht das Allgemeinwohl, indem wir auf einem „Filetgrundstück“ „sitzen“ würden. Offenes Geheimnis ist es doch, dass durch einen Verkauf der Grundstücke nicht etwa sozialer Wohnungsbau für viele Menschen ermöglicht würde, sondern einige wenige großzügige Häuser für einige wenige Menschen. Dem gegenüber stehen nicht nur die BewohnerInnen, sondern auch aktuell ca. 1.000 externe NutzerInnen, die künftig keinen Zutritt mehr haben würden. Dazu kommen noch die Mieter/innen und Nutzer/innen der sozialen Projekte in der
Nachbarschaft. Hier gern ein Verweis auf die Stimmen, die sich in der Presse und persönlich bei uns zur kurzsichtigen Verwertungslogik geäußert haben. In der Tat lassen sich viele Aktivitäten nun einmal nicht mit dem Scheuklappenblick des Geldwertes bewerten und auch wir möchten bekräftigen, dass sich eine Stadt wie Potsdam Mut und Entschlusskraft leisten kann, ein etabliertes Projekt zu unterstützen, unabhängig von der vermuteten Verwertungsmöglichkeit eines städtischen „Filetstücks“.
Wir werden unser Anliegen nun wieder verstärkt in die Öffentlichkeit Potsdams bringen, denn wirwollen diesen Ort langfristig als Lebens- und Begegnungsraum in Potsdam erhalten.
Mit freundlichen Grüßen
Die Bewohner/innen des Gemeinschaftsprojekts Hermannswerder
zu den Presseartikeln zur Situation der Wagenburg hier entlang